Die Krise des Zusammenhangs

Das Thema unserer heutigen Sitzung laesst sich auf die folgende Frage zuspitzen: Wieviel Zusammenhang vertraegt der Zusammenhang? Dazu lesen wir einen Auszug aus dem aktuellen Diedrich Diederichsen-Buch >Eigenblutdoping<. Begriffe wie Konnektivitaet [also Vernetzt-, Verbunden- und Angeschlossenen-Sein], Kontext und Zusammenhang werden darin quasi synonym verwendet.

Aber nur quasi eben. Es gibt Nuancen. Diese sollen uns beschaeftigen und deren Verhaeltnis zueinander. Auf Seite 193 geht es los. Aber worum geht es eigentlich? Nichts und niemand laesst sich heute isoliert betrachten. Die Globalisierung hat alles miteinander vernetzt: sowohl strukturell als auch symbolisch.

Alle sind irgendwie miteinander verkabelt [Kommunikationsnetzwerke] und durch den [Un-]Sinn einer Welt miteinander verbunden. Diederichsen spricht hier vom >Konnektivitaetsimperativ< [in Bezug darauf, dass das Angeschlossen-Sein zur sozialen Pflicht geworden ist] und von der >Zwangsverkontextung< [in Bezug darauf, dass alles und alle immer eingebunden sein muessen in einen kulturindustriell kodierten Kontext]. Verkabelt und verbunden, >unentwirrbar miteinander verstrickt< gelte es Unterbrechungen dieser immer dichter und immer geschlossener gewebten Netze herbeizufuehren. >Man muss manchmal die Verbindung kappen, das Netzwerk zerschneiden.< Gestern wollte man – um kritisch zu sein - alles in einen Zusammenhang stellen und den Kontext ausleuchten. Heute gelte es die Flucht davor anzutreten. Und so liest sich Zwangsverkontextung wie Zwangsjacke und Vernetzt-Sein wie Gefangensein. Das eigentliche Problem lokalisiert Diederichsen allerdings woanders, naemlich dort, wo man sich aus dem Zusammenhang zu fluechten versucht ohne einen kritischen Blick fuer Zusammenhaenge im Handgepaeck zu fuehren. Daher lautet unsere Frage, ich wiederhole es gerne nochmal: Wieviel Zusammenhang vertraegt der Zusammenhang? Und ich ergaenze: Welchen Zusammenhang braucht der Zusammenhang? Ich wuensche eine anregende Lektuere.

2 Kommentare zu “Die Krise des Zusammenhangs

  1. “Das eigentliche Problem lokalisiert Diederichsen allerdings woanders, naemlich dort, wo man sich aus dem Zusammenhang zu fluechten versucht ohne einen kritischen Blick fuer Zusammenhaenge im Handgepaeck zu fuehren.”- kannst du dafür ein Beispiel geben?

  2. zuviel zusammenhang bedeutet eben nicht, dass man das prinzip zusammenhang komplett über bord werfen sollte. flucht ist nicht gleich flucht. es gibt die richtige und die falsche flucht. die falsche flucht besteht darin, sich vermeintlich unzusammenhängenden medienattraktionen auszusetzen. diederichsen spricht von “kulturellen komplexen”, die sich augenscheinlich nicht vernetzen lassen und nennt hierbei: taliban, missbrauchte kinder, naturkatastrophen, die nackten und die toten.

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