Eine Ueberdosis Wahrheit

Wer Worte wie die Gewalt der Aesthetik liest, denkt nicht an die Wahrheit der Wahrnehmung, aber genau das gilt es zu denken, wenn eine aesthetische Erfahrung so ueberwaeltigend ist, dass sie die Grenzen der Wahrnehmung uebersteigt und die Gewalt der Wahrheit spuerbar werden laesst.

Ein Moment, in dem die Wahrnehmung auf ihre Wahrheit zurueckgefuehrt wird und die Wahrheit sich dem Einzugsbereich der Wahrnehmung nicht entzieht. Insofern steht auch die Aesthetik der Gewalt bzw. die Wahrnehmung der Wahrheit im Raum, wenn, wie am 30.01. im Rahmen des club transmediale, Ives #1 auftritt. In Wirklichkeit aber steht da nichts.

Alles tanzt. Brodelt. Pulsiert. Tobt. Stuerzt. Kreischt. Alles auf einmal. Ist in zerrissenster Bewegung begriffen. Ist Kriegs- musik von Wilden aus dem schmutzigsten Dschungel des Universums. Ist Endzeit-Jazz, eingespielt auf Daechern von einstuerzenden Neubauten auf dem Mars. Ist der von einer Virus-Intelligenz programmierte Terror aus dem Unbewussten und Unbekannten. Obwohl es [= der Sound, die Komplexitaet, das Unvernehmen] mich schon laengst erfuellt, von Kopf bis Fuss, kommt es immer naeher. Dann entrueckt es hinter ein Milchglas, wird zum Traum. Ein Traum im Traum, der beginnt, wenn der Traum zu intensiv wird. Ein Schutzmechanismus der Traumproduktion.

Im Traum spricht das Unaussprechbare seit Ende letzten Jahres im Namen von Ives #1 eine unverwechselbare Sprache. Aus welchen Figuren rekrutiert sich dieses Gespinst? Journalis- tisch gesprochen aus Wandlern zwischen E-Musik, Metal, Elektronik, Improvisation, Post-Rock, Grindcore, Pop und Avantgarde. Schade nur, dass sie sich in diesen Welten schon so stark profiliert haben. Schade, dass sie nicht namenlos und ohne massenmediales Gesicht sind. Die Tatsache, dass von Ives #1 noch kein Album vorliegt, passt aber wunderbar in das Wunschbild von einem Quartett, welches die Gewalt der Aesthetik und die Aesthetik der Gewalt nur als nicht-reprodu- zierbares Ereignis erfahrbar macht.

3 Kommentare zu “Eine Ueberdosis Wahrheit

  1. schön geschrieben, so geht es mir mit autechre, wenn nix steht außer die überforderung. die versuchen im übrigen ja auch immer >ohne massenmediales Gesicht

  2. …auszukommen, veranstalten konzerte im dunkeln, usw. und all das macht den mythos nur noch stärker.

  3. Ich kenne Autechre leider nicht, aber auf dem Konzert von Yves#1 war ich neulich auch. So was habe ich noch nie erlebt… bin ich auch sprachlos

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