Zitat vs. Original: Jenseits des Blog-Bebens

Jeder, der schreibt kennt das: Der Kopf brummt vor Ideen, das weisse Dokument flackert auf dem Bildschirm und man wartet auf die eine Idee, auf das eine Wortspiel… Wenn die Eingebung dann kommt, fuehlt man sich kurzzeitig wie ein Genie: einzigartig einfallsreich. Magdalena Taube sagt dazu: Vorsicht!

Wir leben nicht mehr im 18. Jahrhundert, wo mit zitternden Haenden tintentropfende Ideen aufs Papier gebracht wurden und man sich vielleicht allein schon deshalb einzigartig fuehlte, weil man schreiben konnte.

Heute faellt das Zweifeln an der eigenen Genialitaet leichter, man kann naemlich nachschauen, ob nicht jemand anders genau diesen genialen Einfall auch schon hatte. So haette Marco Dettweiler, ein serioeser Journalist bei der FAZ, vorgehen koennen, als er einen Artikel ueber Sex und Google mit dem Satz >Die Welt ist eine Google< einleitete. Peter Glaser, ein serioeser Blogger bei der Stuttgarter Zeitung und Bachmann-Preistraeger, wies Dettweiler darauf hin, dass er dieses Wortspiel schon vor ihm gebraucht, wenn nicht sogar gepraegt hatte und gerne adaequat zitiert werden wuerde. Woraufhin Dettweiler eine wuetende Mail an Glaser verfasste und bei der Stuttgarter Zeitung anrief, um sich zu beschweren.

Glaser veroeffentlichte Dettweilers E-Mail, die mit den Worten: >Bloggen sie ruhig weiter, aber lassen sie serioese Journalisten in Ruhe.< endet, in seinem Blog - und ein Selbstlaeufer nahm seinen Lauf. Ungefaehr 200 Kommentare hat der Eintrag inzwischen: Man regt sich ueber beide Seiten gleichermassen auf. Dabei legt der Fall Dettweiler vs. Glaser mehr offen, als nur die Frage nach dem geistigen Eigentum. Zum Beispiel zweifeln viele der Kommentatoren an der >Einzigartigkeit< von Glasers Satz. Der sei doch >nahe liegend< und laege >auf der Hand<. Aber sind nicht die nahe liegendsten Saetze meist am schwersten zu finden? Ein anderes Thema: Netiquette. Dirk von Gehlen moniert in seinem Blog: >Wann wurde es eigentlich zu einer Selbstverstaendlichkeit, verschickte Mails ans Licht der Web-Oeffentlichkeit zu zerren.< Und nicht zuletzt gibt es das Problem, mit dem Dettweiler nun zu kaempfen hat: Der Google-Pranger. Gibt man den Namen des Journalisten in die Suchmaschine ein, beziehen sich die ersten Eintraege fast alle auf den Vorfall. Bleibt die Frage, ob das Ganze nur ein Sommerloch-Lueckenfueller war oder Konsequenzen jenseits des Blogbebens haben wird.

3 Kommentare zu “Zitat vs. Original: Jenseits des Blog-Bebens

  1. Hast schon recht mit der Sommerlochandeutung..das ganze ist doch eher so eine Art Stellvertreterkrieg wie in Georgien. Nur das es hier um Blogger vs. Verlagsjournalisten geht, das spitzt sich zu, auf beiden Seiten. Dabei ist es fast irrelevant das Glaser sicher nicht ureigenster Schöpfer dieser Phrase ist, auch die Nettiquette fällt auch schon seit längerem online unter den Tisch. Es ist ein Beispiel für hohle Arroganz seitens der Journalistenschulenbubis und blanke Hysterie in der Bloglandschaft, die sich doch immer allzu schnell solidarisiert. Am wirklich ärgerlichsten ist eher dieses Pubertätsverhalten der Knaben Gläser und Dettweiler: Pimmelchen auf den Tisch und messen wer den längeren hat…gähn!

  2. Früher hätte man einfach einen kalten Eimer mit Wasser über die Streithähne gekippt.

    Witzig ist aber schon, dass auch ich mir, gerade bei vermeintlich klugen Sätzen oder Worten über Google versichere, dass es nicht schon 1000 andere vor mir entdeckt haben.

    Mit Eigentum hat das nichts zu tun. Nur mit dem Glauben, dass es da so etwas wie Eigentum gäbe. Manche Sachen liegen in der Luft, und wer sie aufschnappt macht die Schnitte.

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